Eine Extraportion

Es ist immer ein aufregender Moment: Das Konzert ist vorbei. Die Musikerinnen haben die Bühne verlassen. Aber der Applaus hält an. Eine Minuten, zwei, drei. Und da das Licht auf der Bühne noch brennt, ahnen und hoffen alle: Da kommt noch was. Und meistens kommt wirklich etwas: Die Zugabe.
Vielleicht ist es ein überraschendes Stück, etwas Leises, eine Covernummer oder auch der größte Hit der Band, auf den alle schon gewartet haben.
Ich war als Teenager oft bei Keimzeit-Konzerten in einer völlig verrauchten Kneipe im erzgebirgischen Affalter. Und da haben Keimzeit als Zugabe manchmal Lieder von Marianne Rosenberg gespielt. Joe Cocker hat 1988 bei seinem Konzert in Berlin als Zugabe gesungen: You are so beautiful. Der Pianist Igor Levit spielt nach Beethoven-Konzerten hin und wieder ein Arbeiterlied als Zugabe.
Auch sonst im Leben sind Zugaben etwas Tolles. Wenn Du eine Extraportion Schlagsahne von der Oma bekommst, ohne darum bitten zu müssen. Wenn jemand eigentlich aufbrechen will, aber doch noch bleibt, weil der Abend so schön ist.
Und Gott? Der hat das mit der Zugabe quasi erfunden, könnte man denken. Denn wenn Gott eine Zugabe gibt, dann so richtig.
Dann funkeln nachts nicht nur Millionen Sterne über dir, sondern einer von ihnen fällt dir in den Schoß. Dann bekommst du bei der Jubelkonfirmation nicht nur einen Segen, der dich zu Tränen rührt, sondern du triffst auch unerwartet deine alte Liebe wieder. Dann wachst du eines Morgens auf und spürst, wie deine Kraft zurück ist und obendrein läuft im Radio dein Lieblingslied. Dann bekommen die, die sich so lange ein Kind gewünscht und viele Monate in Arztpraxen, Behandlungszentren und Kinderwunschkliniken verbracht haben, nicht nur eins, sondern drei.
Das Wort „Gott“ fängt mit „G“ an. „G“ wie großherzig, gastfreundlich und gut.